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Ammonium

Letzte Aktualisierung: 16.10.2025

Was ist Ammonium?

Ammonium (NH₄⁺) ist eine anorganische Stickstoffverbindung und spielt eine zentrale Rolle im natürlichen Stickstoffkreislauf. Es entsteht, wenn Ammoniak (NH₃) mit Wasser reagiert und dabei ein positiv geladenes Ion bildet – das sogenannte Ammonium-Ion. In chemischer Hinsicht handelt es sich um ein einwertiges Kation, das aus einem Stickstoffatom und vier Wasserstoffatomen besteht. Seine molare Masse beträgt 18,038 g/mol. Ammonium ist in Wasser gut löslich und steht in einem chemischen Gleichgewicht mit Ammoniak. Dieses Gleichgewicht hängt vom pH-Wert und der Temperatur des Wassers ab:

  • Bei niedrigen pH-Werten (unter 7) liegt Stickstoff überwiegend als Ammonium-Ion (NH₄⁺) vor.
  • Bei hohen pH-Werten (über 8) überwiegt Ammoniak (NH₃), das für Wasserlebewesen giftig ist.

In der Trinkwasserverordnung (TrinkwV) ist ein Grenzwert von 0,5 mg/L Ammonium festgelegt. Wird dieser Wert überschritten, gilt das Wasser als nicht einwandfrei und bedarf einer Untersuchung bzw. Aufbereitung.

Vorkommen und Entstehung von Ammonium

Ammonium entsteht auf natürliche Weise im Rahmen des mikrobiellen Abbaus organischer Stickstoffverbindungen wie Harnstoff, Eiweiß, Aminosäuren oder Huminstoffe. Dieser Prozess findet in Böden, Gewässern, Abwässern und sogar im menschlichen Organismus statt. In Böden tritt Ammonium in teilweise sehr hohen Konzentrationen auf – zwischen 80 und 900 mg/kg Stickstoff. Es wird dort von Tonmineralen, Kalifeldspäten und Glimmern gebunden. Diese Minerale können Ammonium wie ein Schwamm festhalten und bei veränderten chemischen Bedingungen wieder freisetzen.

Ein Teil dieses Ammoniums ist austauschbar, d. h. er kann in Lösung gehen und ins Grundwasser ausgewaschen werden. Ein anderer Teil ist irreversibel gebunden und bleibt langfristig im Boden fixiert. Gelangen Ammoniumverbindungen ins Grundwasser, können sie dort durch verschiedene Prozesse verändert werden. In sauerstoffreichen Bereichen oxidieren sie meist zu Nitrit (NO₂⁻) und Nitrat (NO₃⁻). Unter Sauerstoffmangelbedingungen hingegen bleibt Ammonium stabil oder wird durch Adsorption an Mineralien zurückgehalten.

Ammonium im Grundwasser – Verhalten und Einflussfaktoren

In den meisten Fällen ist Ammonium im Grundwasser nur in sehr geringen Mengen nachweisbar. Das liegt daran, dass es in den oberen, sauerstoffhaltigen Schichten des Bodens meist schnell zu Nitrat oxidiert wird – ein Prozess, der als Nitrifikation bezeichnet wird. Die tatsächliche Konzentration von Ammonium im Grundwasser hängt von mehreren Faktoren ab:

  • der Geschwindigkeit, mit der organischer Stickstoff abgebaut und Ammonium freigesetzt wird,
  • der Effizienz der Nitrifikation, die stark von Sauerstoff, pH-Wert und Temperatur abhängt,
  • der Verfügbarkeit sorptionsfähiger Mineralien, die Ammonium an ihrer Oberfläche binden,
  • und dem Gleichgewicht zwischen fester und gelöster Phase, das bestimmt, wie viel Ammonium im Wasser verbleibt.

In landwirtschaftlich intensiv genutzten Regionen lässt sich oft eine klare Verbindung zwischen Düngung und Ammoniumgehalt im Grundwasser feststellen. Überschüssiger Stickstoff aus Gülle oder Kunstdünger kann in den Boden eindringen und dort die Ammoniumkonzentration erhöhen.

Natürliche Konzentrationen und jahreszeitliche Schwankungen

In unbelastetem Grundwasser liegt der Ammoniumgehalt in der Regel unter 0,2 mg/L. In Oberflächengewässern wie Flüssen oder Seen können Werte von bis zu 1 mg/L auftreten – vor allem in der Nähe landwirtschaftlicher oder urbaner Einzugsgebiete.

Die Temperatur und Jahreszeit haben großen Einfluss:

  • Im Winter ist die biologische Aktivität reduziert, wodurch Ammonium langsamer abgebaut wird. Das kann zu vorübergehend erhöhten Konzentrationen führen.
  • Im Sommer dagegen läuft die Nitrifikation deutlich schneller ab, sodass Ammonium rasch zu Nitrat oxidiert wird.

Diese natürlichen Schwankungen sind normal, können jedoch durch menschliche Einflüsse verstärkt werden – etwa durch Abwässer oder unzureichende Abwasserbehandlung.

Bedeutung erhöhter Ammoniumkonzentrationen

Ein erhöhter Ammoniumgehalt im Wasser ist kein rein chemisches Problem, sondern hat hygienische, ökologische und technische Konsequenzen.

  1. Hygienischer Hinweiswert: Ammonium wird oft als Indikator für fäkale Verunreinigungen verwendet, da es durch den mikrobiellen Abbau von Harnstoff entsteht. Ein Nachweis kann also auf den Eintrag von Abwasser oder Tierexkrementen hindeuten.
  2. Sauerstoffzehrung und Eutrophierung: Die Oxidation von Ammonium zu Nitrat verbraucht viel Sauerstoff. In stehenden oder nährstoffreichen Gewässern kann das zu Sauerstoffmangel und in der Folge zu Algenblüten führen – ein Prozess, der als Eutrophierung bekannt ist.
  3. Toxizität für Fische: Vor allem das nicht-ionisierte Ammoniak (NH₃), das bei höheren pH-Werten entsteht, ist hochgiftig für Wasserlebewesen. Schon geringe Mengen können Kiemenreizungen und Atemprobleme bei Fischen verursachen.
  4. Technische Probleme in der Wasseraufbereitung: Ammonium reagiert mit Chlor, das zur Desinfektion eingesetzt wird, und bildet Chloramine. Dadurch wird die Desinfektionswirkung um bis zu 70 % reduziert. Außerdem behindert Ammonium die Entmanganung und kann zur Nitritbildung führen – einem Stoff mit sehr niedrigem Grenzwert von 0,1 mg/L.

Aufbereitung und Entfernung von Ammonium

In der modernen Wasseraufbereitung gibt es verschiedene Verfahren, um Ammonium zuverlässig zu entfernen. Dabei kommen sowohl biologische als auch chemisch-physikalische Methoden zum Einsatz.

1. Biologische Nitrifikation

In den meisten Wasserwerken wird Ammonium biologisch durch Nitrifikation abgebaut. Dabei oxidieren spezielle Bakterien (z. B. Nitrosomonas und Nitrobacter) das Ammonium zunächst zu Nitrit und dann zu Nitrat. Dieser Prozess läuft in biologischen Schnellfiltern oder Sandfiltern ab, die gleichzeitig auch Eisen und Mangan aus dem Wasser entfernen. Die Nitrifikation ist ein natürlicher Prozess, der allerdings empfindlich auf Störungen reagiert. Besonders niedrige Wassertemperaturen, hohe Belastungen oder chemische Desinfektionsmittel (z. B. Chlor im Rückspülwasser) können die Aktivität der Bakterien hemmen.

2. Chemische Oxidation

Neben der biologischen Variante kann Ammonium auch chemisch oxidiert werden:

  • Chlorung: Hierbei reagiert Ammonium mit Chlor zu Chloraminen und kann bei bestimmten Verhältnissen weiter zu Stickstoffgas oxidiert werden. Diese Methode ist in Deutschland allerdings nicht für Trinkwasser zugelassen, da Chloramine die Wasserqualität beeinträchtigen.
  • Ozonierung: Eine weitere Möglichkeit ist die Oxidation mit Ozon (O₃). Die Reaktionsgleichung lautet: NH₄⁺ + 4 O₃ → NO₃⁻ + 2 H₂O + 4 O₂ + 2 H⁺ Diese Methode ist sehr effektiv, insbesondere bei pH-Werten über 8, aber kostspielig und wird daher nur eingesetzt, wenn gleichzeitig andere Stoffe (z. B. Eisen, Mangan, organische Verbindungen) oxidiert werden sollen.

3. Physikalische Verfahren

In speziellen Fällen, z. B. in der Industrie oder bei hoher Belastung, kann Ammonium auch durch Strippverfahren (Ausgasung) oder Ionenaustausch entfernt werden. Diese Verfahren kommen jedoch in der Trinkwasseraufbereitung nur selten zum Einsatz, da sie technisch aufwendig und energieintensiv sind.

Bedeutung von Ammonium für die Trinkwasserqualität

Ammonium ist in mehrfacher Hinsicht problematisch für die Trinkwasserqualität, da es sowohl als Indikatorstoff als auch als Störfaktor in technischen Aufbereitungsprozessen gilt. Zum einen wird Ammonium als Hinweisparameter für organische oder bakterielle Verunreinigungen bewertet. Sein Vorkommen weist häufig darauf hin, dass organisches Material oder Abwasser in das Grund- oder Oberflächenwasser gelangt ist. Besonders kritisch ist dies in der Nähe landwirtschaftlicher Flächen, Kläranlagen oder bei Undichtigkeiten in Kanalnetzen. In solchen Fällen kann der Ammoniumgehalt rasch ansteigen, noch bevor andere Schadstoffe messbar werden.

Zum anderen kann Ammonium die Trinkwasseraufbereitung und Desinfektion empfindlich stören. Bei der Chlorung des Wassers – einem gängigen Desinfektionsverfahren – reagiert Ammonium mit Chlor zu Chloraminen. Diese Verbindungen besitzen eine deutlich geringere Desinfektionswirkung als freies Chlor und können unangenehme Gerüche und Geschmacksveränderungen verursachen. Zudem führt die Chloraminbildung dazu, dass mehr Desinfektionsmittel eingesetzt werden muss, um denselben hygienischen Effekt zu erzielen.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist der biologische Abbau von Ammonium, der zu einer erhöhten Nitratbelastung führen kann. Bei der Nitrifikation wird Ammonium zunächst zu Nitrit (NO₂⁻) und anschließend zu Nitrat (NO₃⁻) oxidiert. Während Nitrat in moderaten Mengen für Pflanzen als Nährstoff dient, stellt es im Trinkwasser ein gesundheitliches Risiko dar:

  • Nitrat kann im menschlichen Körper zu Nitrit umgewandelt werden, das wiederum die Bildung von Nitrosaminen begünstigt – Stoffe, die als potenziell krebserregend gelten.
  • Besonders gefährdet sind Säuglinge und Schwangere, da Nitrit den Sauerstofftransport im Blut beeinträchtigen kann (Stichwort: Blausucht oder Methämoglobinämie).

Darüber hinaus kann ein zu hoher Ammoniumgehalt auch sekundäre Probleme in der Aufbereitung verursachen:

  • Er hemmt die Entfernung von Mangan und Eisen, da die beteiligten Mikroorganismen bevorzugt Ammonium abbauen und dabei den verfügbaren Sauerstoff verbrauchen.
  • In Leitungsnetzen kann Ammonium das Wachstum von Biofilmen fördern – mikrobiellen Schichten an Rohrinnenwänden, die hygienische Risiken bergen und die Wasserqualität langfristig beeinträchtigen.
  • In Kombination mit organischen Stoffen kann es die Bildung sogenannter Desinfektionsnebenprodukte (DBPs) wie Trihalogenmethane (THMs) begünstigen, die in der Trinkwasserversorgung unerwünscht sind.

Aus diesen Gründen wird Ammonium in deutschen Wasserwerken kontinuierlich überwacht. Die Messung erfolgt sowohl im Rohwasser als auch im aufbereiteten Trinkwasser, um mögliche Belastungen frühzeitig zu erkennen. Der gesetzlich festgelegte Grenzwert von 0,5 mg/L dient dabei nicht nur dem Gesundheitsschutz, sondern auch als technischer Kontrollwert.

In der Praxis wird dieser Wert nur selten überschritten – und wenn, dann meist infolge von:

  • technischen Störungen in Filteranlagen oder Belüftungssystemen,
  • niedrigen Wassertemperaturen, die die biologische Nitrifikation verlangsamen,
  • oder lokalen geologischen Besonderheiten, bei denen natürlich gebundener Stickstoff freigesetzt wird.

In gut betriebenen Wasserwerken liegt der Ammoniumwert häufig unterhalb der Nachweisgrenze, was auf eine stabile, biologische Selbstreinigung und eine effiziente Aufbereitung hinweist. Damit gilt: Ein niedriger Ammoniumgehalt ist ein entscheidendes Qualitätsmerkmal für sauberes Trinkwasser – sowohl aus hygienischer als auch aus technischer Sicht. Seine regelmäßige Kontrolle trägt wesentlich dazu bei, die Sicherheit, Reinheit und Stabilität der Trinkwasserversorgung zu gewährleisten.